MUÑECO zeigen uns Barcelona

Verfasst von Pati am 31/07/17

Barcelona ist eine wahnsinnig spannende Stadt mit äußerst vielseitigen Attraktionen: faszinierender Architektur, erstklassigen Tapas- und Rooftop-Bars, Parks, in denen man eine willkommene Verschnaufpause während des schweißtreibenden Sightseeings einlegen kann, und einem Stadtstrand, an dem fliegende Händler lautstark CerveZAbier und Wataqua feilbieten (sorry, kleiner Insider... J). Einheimische haben immer bessere Empfehlungen, was man sich ansehen sollte, als die populärsten Reiseführer, deswegen haben wir die Band Muñeco, die hier zu Hause ist, gebeten, uns IHR Barcelona zu zeigen.

 

Im Psychedelic und Post-Rock-Genre verwurzelt spielt die fünfköpfige Formation seit 2010 bzw. in der endgültigen Besetzung seit 2011 Instrumentalmusik, die den Hörer atmosphärisch in entfernte Galaxien schickt. Passend dazu betitelten sie ihr zweites Album, das im letzten Oktober erschienen ist, „Teoría del cielo“ („Theorie des Himmels“). Weil die Altersspanne in der Band fast zehn Jahre beträgt (von 33 bis 41) und jedes der Mitglieder so einen anderen musikalischen Hintergrund mitbringt, ist das Ergebnis sehr eklektisch und einzigartig.

 

Angefangen haben sie zu dritt ohne Xoán und Manel. Für ein Jahr ging es sehr experimentell zu, dann mussten die Gründungsmitglieder erkennen, dass es ohne Drummer einfach nicht funktioniert. Also gaben sie im Internet eine Annonce auf. Manel, der die Anzeige gesehen und sich bei der Band gemeldet hatte, hat Xoán quasi verpflichtet und als sie gemeinsam mit den anderen spielten, stimmte sofort die Chemie. Neben dem locker-lustigen Raúl und dem nachdenklich-besonnenen Xoán, die uns bereitwillig ihre liebsten Orte in Barcelona zeigten, gibt es noch Manel, den Ideengeber, Raul, das Allround-Talent, der am Anfang im Grunde alles gespielt hat (Gitarre, Bass und Drums) und jetzt auf Bass spezialisiert ist, und Albert, den sie den „Sänger“ nennen, weil er eine starke Bühnenpräsenz hat und immer in der Mitte steht, also am ehesten an den Status eines Frontman heranreicht.  

 

Hier seht ihr unsere sehr persönliche Stadtführung durch Barcelona:

Restaurants

Raúl ist ein Ramen-Fan und empfiehlt daher das Koku Kitchen Buns im Stadtteil Born. Das kleine Restaurant befindet sich im Keller und ist eingerichtet wie eine japanische Metro-Station. Oben gibt’s asiatische Sandwiches. Xoán ist ein Liebhaber der italienischen Küche. Sein Lieblingsrestaurant ist Le Cucine Mandarosso in der Nähe vom Palau, dem bekannten Konzertsaal Barcelonas. Auch dieser kulinarische Tempel hat eher die Ausmaße einer Kapelle, deswegen sollte man am besten reservieren. Ein zusätzlicher Tipp der beiden ist mit dem Carlota Akaneya, ebenfalls der asiatischen Cuisine zuzurechnen.

Clubs

Das Apolo ist ein legendäres Venue, das sich neben Live-Musik vor allem im Bereich der elektronischen Musik einen Namen gemacht hat. Der größte Floor hat sich demnach auch besonders dieser Musikrichtung verschrieben und bietet mit seiner Clubnacht Nitsa am Wochenende regelmäßig ein Line-up der weltbesten Elektro-DJs. In den 90ern legten hier die Pioniere der elektronischen Musik auf, die dieses Genre nach Barcelona gebracht haben. Unter ihnen Jeff Mills und DJ Sideral, ein einflussreicher einheimischer Plattenmischer, der Elektro zum Beispiel auch mit Hip-Hop gemasht und besonders Xoán so musikalisch erzogen hat. Als der nämlich noch Grunge, Metal und Rock gehört hat und Elektro scheiße fand, konnte er dank DJ Sideral seinen musikalischen Horizont so direkt um mindestens zwei Genres erweitern. Seitdem ist das Apolo DAS Mekka für Liebhaber elektronischer Musik in Spanien und hat die Stadt nachhaltig musikalisch geprägt.

Im Moog gibt’s ebenfalls hauptsächlich computergenerierte Sounds. Im Gegensatz zum weitläufigen Apolo mit mehreren Räumen, zeichnet sich das Moog durch seine intime Atmosphäre aus und ist in der Nähe des Plaça Real zu finden.

 

Für alle Indie-Lover führt kein Weg am Razzmatazz vorbei. Mit insgesamt fünf Floors klingt es zwar eher nach Mainstream-Disco, aber besonders auch aufgrund der Live-Auftritte namhafter Bands aus dem Indie- und Alternativ-Sektor ist es DER alternative Club der Stadt. Raul hat hier seine Jugend verbracht und seine Frau kennengelernt. Muñeco sind im Razzmatazz schon mal um zwei Uhr morgens vor einer Horde Betrunkener aufgetreten. Für alle ein magischer Moment (auch wenn ein nüchternes Publikum sicher wünschenswerter gewesen wäre).

Stores

Es scheint eine natürliche Verbindung zwischen „Rock“-Bands und Comics oder heute gebräuchlicher, weil stilvoller, Graphic Novels zu geben. Auch die Jungs von Muñeco  sind Liebhaber bebilderter Literatur. Der Laden, den sie uns zeigen wollten Arkham Comics hatte leider schon geschlossen, daher konnten wir dort nicht filmen, aber hier gibt’s zumindest den Link. Auch Norma Comics, der größte Comic Book Store in Spanien und zweitgrößte in Europa ist definitiv einen Besuch wert. Er liegt in der Nähe vom Arc de Triomf und erstreckt sich über zwei Etagen, die zum Schmökern und Entdecken einladen. Hier gibt es einfach alles!

Sonst noch so

Im Stadtteil Gràcia gibt es viele Bars, dagegen nicht so viele Touristen. Mittlerweile hassen die Barcelonesen diese wie sie finden „Invasoren“, weil die ihrer Meinung nach das Urtümliche ihrer Stadt und ihren Wohnraum bedrohen. So kann man dann auch an manchen Balkonen Banner mit der Aufforderung“ Tourist go home!“ entdecken und fühlt sich umgehend selbst schuldig. Gràcia ist ästhetisch gesehen zwar kein besonders schönes Viertel, aber es ist noch sehr originär, weil es noch bis ins 19. Jahrhundert ein Dorf war, das danach erst in die Stadt eingegliedert wurde. Für Besucher, die des Spanischen nicht mächtig sind, aber vielleicht einen Regentag sinnvoll überbrücken möchten (haha!), zeigt das Cines Verdi als eines der wenigen Kinos in ganz Barcelona Filme in der Originalversion. Denn wie in Deutschland gibt es in Spanien eine gut funktionierende, wenn auch qualitativ nicht annähernd so gute Synchronindustrie. Der historische Hintergrund: Franco forderte, dass die amerikanischen Stars die Sprache des „Spanischen Imperiums“ sprechen sollten. Direkt neben dem Kino liegt die Vinothek und Tapas-Bar D.O., in der man vor dem Kinobesuch noch dem leiblichen Wohl genüge tun kann.

 

Die Bar Beirut liegt nicht in Gracia, sondern in El Raval, doch sie ist Ausgangspunkt unserer kleinen Stadtführung. Ihr eklektisches und teils psychedelisch angehauchtes Interieur passt bestens zur musikalischen Signatur von Muñeco. Von dort geht’s zum Plaça del Angels, einem lebendigen und von Skatern dicht besiedelten Platz, an den das MACBA, das Museum für zeitgenössische Kunst, grenzt. Für Xoán ist er der Inbegriff Barcelonas. Denn hier trifft neu organisch auf alt und es ist immer was los. Ganz in der Nähe macht uns Raúl auf ein zwar sehr offen sichtbares, aber kaum jemandem bekanntes historisches Detail aufmerksam: eine „Durchreiche“ in einem Gebäude, in der man früher sein nicht gewolltes Baby deponieren und Nonnen überlassen konnte. Für eine monetäre Zuwendung zum Aufziehen des Kindes gab es rechts daneben einen Schlitz. Ein Stück Geschichte, dem von Touristen sowie unwissenden Einheimischen sicherlich kaum Beachtung geschenkt wird. Einer der wichtigsten Plattenläden der Stadt ist Discos Revolver. Er hat sich als einer der einzigen von den in den 90er Jahren populären Umschlagplätzen für Tonträger gehalten und führt selbstverständlich auch Muñecos letztes Album „Teoría del cielo“.

 

https://muneco.bandcamp.com

https://www.facebook.com/somosmuneco/