Blossoms: Auf der Suche nach der weltbesten Bolognese

Verfasst von Pati am 19/02/17

Als wir im Venue ankommen, ist dieses vollgestellt mit einem wilden Sammelsurium an Instrumenten. Ein Drumset steht mitten im Zuschauerraum, überall sind Verstärker, Monitore, Gitarren und Kabel verteilt. Ein Flohmarkt für Musikfreaks, durch den es sich vorzukämpfen heißt, um die Band zu erreichen, die in ihrer Heimat England schon jetzt nicht mehr ganz so nahbar ist. Ein steiler Aufstieg in kurzer Zeit lässt für Fans eine Nähe wie in diesem kleinen Club in Deutschland kaum mehr zu. Aber sie sind doch nur Jungs, die gerade dem Teenageralter entwachsen sind (oder bald sein werden). Das beweist die Bemerkung des Tourmanagers, dass wir noch kurz warten sollen, bis alle von ihnen Hosen anhaben.

 

Als die Gefahr eines peinlichen Überraschens nicht mehr gegeben ist, stehen wir vor vier der fünf Mitglieder von Blossoms: Tom Ogden (Gesang, Gitarre und Songwriting), Charlie Salt (Bass), Josh Dewhurst (Gitarre) und Joe Donovan (Drums). Sie lümmeln entspannt auf zwei Sofas und begrüßen uns freundlich. Tom weiß direkt mit seinen Deutschkenntnissen zu beeindrucken. Er teilt uns in unserer Muttersprache mit, wann er Geburtstag hat und zählt bis zehn. Da ist ja immerhin etwas von den zwei Jahren Deutschunterricht, die er in der Schule hatte, hängen geblieben.

 

Während der letzten Jahre, in denen sie exzessiv getourt sind, waren sie schon des Öfteren in Deutschland zu Besuch. In Hamburg, dem Karrieresprungbrett der Beatles, kennen sie sich mittlerweile sehr gut aus, und sie haben auch schon auf großen Festivals wie dem Southside und dem Hurricane gespielt. Was war der beste Ort, an dem sie bisher aufgetreten sind? „Wir mögen Tokio, sind gerne in Japan. Das britische Publikum geht normalerweise auch ziemlich ab,“ antwortet Tom. Von den Japanern ist ja bekannt, dass sie sehr devote Fans sind und ihren Lieblingsbands gerne kreative DIY-Geschenke überreichen. Aber auch in Rumänien seien sie ziemlich leidenschaftlich, wirft Charlie ein, da bekommt man auch schon mal ein Andenken mit.

 

Ihr selbstbetiteltes Debütalbum kam erst im letzten Sommer raus, aber trotzdem haben sie schon für einen ziemlichen Hype gesorgt. Wie fühlt sich das an? „Wir hatten schon eine große Fangemeinde. Wenn es nur die Medien sind, die einen hypen, dann kann eine Band, wenn das vorbei ist, wieder in Vergessenheit geraten, weil sich keiner wirklich für sie interessiert. Wir haben Leute, die zu unseren Konzerten kommen und spielen in ausverkauften Hallen. Uns ist egal, was die Medien sagen,“ meint Tom nonchalant. Das kommt schon sehr cool rüber, deswegen ist es doch etwas schwer zu glauben, was er auf unsere Frage antwortet, ob es da nicht schnell passieren kann, dass einem das Ganze zu Kopf steigt. „Nein.“ Sein Kollege Charlie pflichtet ihm bei: „Wir kümmern uns nicht wirklich um so was. Es ist natürlich schmeichelhaft, aber wir wollen einfach nur Musik machen.“ Tom ergänzt: „Wir machen nicht irgendwas, nur um in die Medien zu kommen, wir schreiben einfach Songs und reden über unsere Musik. Und wir mögen es, wenn Leute bei unseren Liedern mitsingen und rumhüpfen.“

 

Bevor ich die nächste Frage stellen kann, kommt Charlie mit einem ganz neuen Thema um die Ecke, so nach dem Motto „and now for something completely different“. Ob wir wüssten, dass sie auf der Suche – nein, nicht nach dem Heiligen Kral, wobei das so gut gepasst hätte, sondern – nach der weltbesten Bolognese seien. Haben sie sie schon gefunden? Die Antwort ist nicht wirklich überraschend: „Ja, in Bologna. In Mailand hat uns ein Koch sogar noch was mitgegeben. Das können wir uns jetzt aufwärmen.“ Da werden ihre Mütter sehr beruhigt sein, dass für das leibliche Wohl ihrer Jungs gesorgt ist. 

 

Zurück zu den wichtigen Fragen des Lebens. Ihr Proberaum ist ein Lager für Gerüste, das dem Großvater von Charlie gehört. Es ist auch das Motiv auf dem Cover ihres Albums. Oft sind sie da nicht mehr, weil sie durch das viele Touren kaum zu Hause sind, aber wenn sie in der Heimat weilen, treffen sie sich immer noch dort. Ein Ort, der sehr dem Milieu der Arbeiterklasse entspricht. Trotzdem klingt ihre Musik nicht danach. Im Gegensatz zu Bands wie The Enemy, die das Sprachrohr des kleinen Mannes sind und für Leute Musik machen, die einen Job in einer Fabrik haben, klingen ihre Songs eher nach Glam Rock und Hochglanz. Woran liegt das? „Wenn ich Songs schreibe, will ich nicht über einen langweiligen Job im Hotel schreiben, sondern über etwas, mit dem sich viele Menschen identifizieren können. Beziehungen, Liebe, verlorene Liebe, Verlust, Melancholie. Das Glamouröse kommt von der Musik, die wir mögen. Beatles, Oasis... Großartige Pop- und Rock-Musik der letzten Jahrzehnte, Disco, 80er-Jahre-Musik. Da gab es viele One Hit Wonders, die aber tolle Popsongs gemacht haben. Hip Hop. Arctic Monkeys...,“ zählt Tom ihre vielfältigen Einflüsse auf. Charlie bemerkt, es gäbe da Ähnlichkeiten zwischen ihnen und New Order. Diese kämen auch aus dem Arbeitermilieu, klängen aber trotzdem glossy. Und tatsächlich kann man in manchen Blossoms-Songs einen leisen Hauch New Order entdecken.

 

Die Musikszene in Manchester ist bekannt für ihre legendären Bands. Neben New Order unter anderem Oasis, die Stone Roses, The Smiths, die Happy Mondays – die Liste könnte ewig weitergehen. Tom hat die Musik aus Manchester einmal als sehr up-beat aber zur gleichen Zeit melancholisch beschrieben.  Ist das vielleicht der Einfluss der Arbeiterklasse? Das Bodenständige, Ehrliche? Diesmal antwortet Charlie als Erster: „Ich finde schon, dass die Texte der meisten Bands, die aus Manchester kommen, sehr ehrlich sind.“ Joe weiß das zu bestätigen: „Ich glaube, dass ist die nordenglische Ehrlichkeit. Wir haben die Frage erst nicht verstanden, weil wir von dort kommen und einfach ehrliche Menschen sind.“

 

Würden sie sagen, es ist nichts Ausgedachtes, sondern kommt alles von Erfahrungen? Als Songwriter der Band kann Tom dazu am ehesten etwas sagen: „Manche Texte, die ich schreibe, sind schon fiktional. Es gibt keine Regeln. ‚Charlemagne’ ist fiktional, ‚Honey Sweet’ nicht. Trotzdem geht es bei beiden um ein ähnliches Thema. ‚Charlemagne’ ist durch nichts entstanden, was ich gefühlt habe. In ‚Honey Sweet’ geht es um eine Exfreundin.“

 

Viele Menschen sagen ja, man könne nur über das schreiben, was man kennt. Bei Schriftstellern gibt es welche, die auch nur das können, aber andere denken sich alles nur aus. Der Sänger kann sich mit beidem identifizieren: „Es ist immer etwas dabei, das man kennt. Ich könnte nie über etwas schreiben, von dem ich überhaupt keine Ahnung habe. Aber ich weiß, was Liebe ist. Wenn ich das mal gefühlt habe, dann kann ich das auch wieder gedanklich durchleben. Man fühlt sich ja nicht immer gleich, ist zum Beispiel nicht immer traurig. Aber wenn man traurig ist, kommen oft gute Lieder dabei heraus.“ Melancholie als Katalysator, eine bekannte Inspirationsquelle in der Kunst.  

 

Zum Abschluss möchte ich noch wissen was für Blumen sie am Valentinstag verschenken würden, der morgen ist. Bei dem Bandnamen konnte ich nicht anders. Tom ist da sehr traditionell: „Rosen.“ Joe und Josh sind da schon ausgefallener. Ersterer will seiner Freundin einen Korb voller Süßigkeiten schenken, der Gitarrist seiner etwas für die Wohnung. Und Charlie? „Ich würde was total Bescheuertes wie einen Kaktus verschenken oder einen Bonsai. Wenn’s Blumen sein müssen, dann blaue Orchideen.“

 

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